Heft 28: Public Relations

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15. Jahrgang, 1995, 168 Seiten, broschiert

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Zum Thema

Wer die Kommunikation hat, heißt’s, hat die Zukunft. Blicken wir zurück, so sollte sie jener „Öffentlichkeit“ gehören, die Jürgen Habermas so beredt besungen hat. Hier, wo es um das allgemein Bedeutsame geht, sollte jeder, frei von Macht, Vermögen und Prestige, freien Zugang haben, und nur das Eine zählen: die Vernunft, das „gute Argument“.

Doch auch hier höhlt steter Tropfen den Stein. Das eine gute Argument ist in die vielen guten Argumente zerbröckelt, und mit ihm die eine Öffentlichkeit in die vielen Öffentlichkeiten. So wie einst die Ordnung der Kommune den Kräften des Marktes zum Opfer fiel, so schwindet heute die kommunikative Ordnung unter dem Druck von Angebot und Nachfrage. Was wahr ist, gut und schön, ist nicht länger mehr ein kostbares „Öffentliches Gut“, sondern gehorcht den privatrechtlichen Regeln des uti et abuti: jeder kann und darf öffentlich sagen, was er meint, daß wahr ist, was er glaubt, daß gut ist, und was er empfindet, daß schön ist. Die alte Kluft zwischen denen, die dem öffentlichen Diskurs die Regeln setzen und sie verwalten, und denen, die sie anzuwenden haben, ist im Schwinden. An die Stelle des „guten Arguments“ tritt der Erfolg. Das erhoffte Ideal der Einen kommunikativen Vernunft löst das sich selbst regelnde, steuernde und tragende System öffentlicher Beziehungen ein: Public Relations.

Das Heft befaßt sich mit den modernen Strukturen öffentlicher Beziehungen. Löst das neue Kommunikationssystem den alten Traum der Aufklärer ein: jeder sein eigener Philosoph und Künstler!? Eröffnen „Public Relations“ dem einzelnen die Chance, ohne Vormund selbst über das, was wahr, gut und schön ist, öffentlich zu befinden? Oder aber ist die Öffentlichkeit bloß zum herrenlosen Gut geworden, dessen sich die ökonomisch Stärksten, rhetorisch Gewandtesten und strategisch Cleversten bemächtigen? Beschreibt „Public Relations“ bloß den Kampf der Mediengiganten, die auf dem Feld der Kommunikation die Claims abstecken und sich die Pfründe für die Zukunft sichern? Vernetzen die Public Relations die vielen kommunizierenden Systeme zu einem polyphonen Konzert der weltweiten Kommunikationsgemeinschaft, oder reduzieren sie die Komplexitt aufs Gleichmaß, wo „das Wahre“ zur Ware, die Moral zur „Image“-Frage und das Ästhetische zum „good feeling“ geworden sein wird? Wem also gehört die Zukunft? Wem kommen die öffentlichen Beziehungen zugute: allen, wenigen? Oder ist es am Ende nur das System selbst?

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Im einleitenden Artikel geht Günter Bentele in Thesen der Frage nach, was aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht überhaupt unter dem Begriff „Public Relations“ zu verstehen ist.

Horst Avenarius stellt in seinem Beitrag dem Journalismus als einem der Horte des Wahrheitsanspruchs nach und zeigt, daß auch die Journalisten nach den PR-Regeln kommunizieren.

Den „Zauber der PR-Welt“ stellt Jürgen Erdmann in seinem Beitrag dar. Er vollzieht nach, wie durch die lockende Schönheit der Warenwelt der Mensch sich zu dem macht, was er ist. Roger Behrens stellt die Tendenzen dar, die durch die Vermarktung der Musik und durch ihren Einsatz als Mittel der Werbung entstanden sind.

In seinem Artikel geht Wolfgang Habermeyer den neuen Sozialcharakteren und den veränderten Machtchancen nach und erkennt im System der Public Relations die Philosophie des Pragmatismus, den „zu sich selbst gekommenen Kapitalismus“.

Hans-Martin Schönherr-Mann beschreibt die Ästhetisierung unserer Lebenswelt und stellt die Frage, ob dieser Drang zum Schönen nicht letztlich auch einen Zwang zur Sittlichkeit auszuüben vermag.

Den Abschluß bildet ein Gespräch, das Mitglieder der Redaktion mit Peter Littmann über die Rolle der Kunst für eine „neue Unternehmenskultur“ geführt haben.

Der Rezensionsteil enthält Besprechungen von Büchern zum Thema sowie von Neuerscheinungen. Ein Leserbrief von Wolfgang Teune zur vorherigen Nummer ’Philosophie und Alltag’ beschließt das Heft.

Die Redaktion