Heft 40: Kampf der Kulturbegriffe. Kritik der Globalisierung

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23. Jahrgang, 2003, 144 Seiten, broschiert

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Zum Thema

Der Traum von der Einen Welt ist wieder verflogen. So manchem erschien es nach dem Kalten Krieg als reale Möglichkeit, dass durch die Öffnung der Märkte, die mediale Vernetzung der Kontinente und durch den Wandel zur „Weltinnenpolitik“ die Welt zum „globalen Dorf“ werde, in dem die Völker und Kulturen sich begegnen und in ihrer Vielfalt zur Einheit zusammenwachsen. Dieser Traum ist in weite Ferne gerückt. Spätestens seit dem 11. September rüstet die USA nicht nur militärisch im Namen des „war against terrorism“ auf, wächst in der islamischen Welt nicht zuletzt dadurch der Hass gegen „den Westen“, und spielt der Ferne Osten mit seinen atomaren Muskeln. Europa sieht sich mittendrin und zwischen Friedensliebe und Kriegsbereitschaft hin- und hergerissen.

Wie aber ist diese neue Lage zu beschreiben? Stehen erneut „Arme gegen Reiche“, die Globalisierungsverlierer gegen die -gewinner; resultiert sie aus den Anpassungsproblemen traditionaler Gesellschaften an die moderne globale Welt; oder ist sie doch der viel zitierte „Kampf der Kulturen“? Welcher theoretische Rahmen und welche Begrifflichkeit sind geeignet, um die unerhoffte neue „Welt-Unordnung“ zu beschreiben?

Hatte die letzte Nummer Beiträge versammelt, die aus außereuropäischen Perspektiven den kritischen Blick auf die Globalisierungsprozesse geworfen haben, so befasst sich diese Nummer nicht mit der Globalisierung selbst, sondern streitet um die Begriffe, die sie begreifen wollen. Ins Zentrum ist dabei der Begriff der „Kultur“ gerückt, nicht nur, weil von S. Huntington der „Kampf der Kulturen“ ausgerufen worden ist, sondern weil es prima vista in der Tat so erscheint, als stünden in den gegenwärtigen Konflikten sich Kulturen einander gegenüber. Was aber meint dieser Begriff?

In seinem Beitrag Die Grenzen des Westens hinterfragt Manuel Knoll die antagonistische Konzeption von kultureller Identität, die Samuel P. Huntington in seinem Buch Der Kampf der Kulturen vertritt. Nach einer Einführung in Huntingtons Konzeption thematisiert er zuerst die inneren Grenzen der westlichen Kultur und bemüht sich dann darum, eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie sich die konfliktreichen Grenzen zwischen westlichem und islamischem Kulturkreis überwinden lassen.

Alexander von Pechmann unterscheidet in seinem Artikel über Die neue Dimension der Globalisierungskritik zunächst die immanente von der externen Kritik, die sich in den nicht-westlichen Kulturen formiert hat. Er unternimmt dann den Versuch, einen Begriff der Kultur zu formulieren, der die Konfliktlage zwischen den Kulturen verstehbar machen kann.

In seinem Artikel Die Alte Weltordnung: die Neugestaltung der Welt nach Kulturen setzt sich Wolfgang Melchior ideologiekritisch mit denjenigen Theorien auseinander, die vom ‚Kampf der Kulturen‘ reden. Seine Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei ihnen weniger um empirische als um präskriptive Theorien handelt, die die eigentlich ökonomischen Konflikte zu verschleiern versuchen.

Mohamed Turki gibt in seinem Artikel Arabische Vernunft versus westliche Vernunft? anhand von zwei Protagonisten der Diskussion, M.A. Al Gabiri und M. Arkoun, einen Einblick in die derzeitige Debatte in der arabischislamischen Welt um ein gegenwartsadäquates Rationalitätsmodell.

In ihrem Beitrag über Die israelische Entwicklung geht Charme I. Sucharewicz schließlich der Frage nach, ob und inwiefern in Israel heute unter den Bedingungen einer multiethnischen, aber auch multinationalen Gesellschaft von einer einheitlichen „israelischen Kultur“ gesprochen werden kann.

In unserer Reihe „Münchner Philosophie“ stellt die vietnamesische Philosophin Kim Lan Thai Thi ihre intellektuelle Entwicklung dar. Ihr Beitrag Warum ging Bodhidharma gen Osten? beschreibt zuerst den Weg, der sie von der geistig-kulturellen Tradition ihrer Heimat weg zur europäisch-abendländischen Philosophie geführt hat, um in der kritischen Auseinandersetzung mit ihr dann den Wert und die Bedeutung der buddhistischen Denk- und Lebensweise (wieder)zuentdecken.

Neben einem umfangreichen Rezensionsteil, der Bücher zum Thema vorstellt und bespricht, beschließen Rezensionen aktueller Neuerscheinungen das Heft.

Last not least haben wir eine Berichtigung anzuzeigen. Frau Shalini Randeria hat uns um den Abdruck der folgenden Erklärung gebeten:

„Der Beitrag von Shalini Randeria: ‚Die Transnationalisierung des Rechts und der Rechtspluralismus im Süden‘ in Heft Nr. 39 wurde in der vorliegenden Fassung ohne Genehmigung der Autorin abgedruckt und enthält sachliche Fehler aufgrund der nicht autorisierten Übersetzung. Die ungekürzte englische Originalfassung des Textes erscheint unter dem Titel: ‚Domesticating neo-liberal discipline: Transnationalisation of law, fractured states, and legal pluralism in the South‘, in: Wolf Lepenies (Hg), Shared Histories and Negotiated Universals, Campus-Verlag, Frankfurt/Main 2003.“

Wir bedauern dieses Vorkommnis.

Die Redaktion