Heft 35: Nie wieder Krieg
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20. Jahrgang, 2000, 134 Seiten, broschiert
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Zum Thema
Auch das haben die Deutschen geschafft. Die alte Schmach ist getilgt, das Mißtrauen geschwunden. An der Wende des Jahrhunderts ist das vereinte Deutschland zum vollwertigen Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft geworden: Im Kosovo-Krieg hat sich die deutsche Nation als ein verläßlicher Partner der NATO-Zukunftsgestaltung erwiesen: Deutschland darf, soll und will wieder Krieg führen, – die Armee rüstet auf Angriff um.
Joschka Fischer hat die Losung: „Nie wieder Auschwitz – Nie wieder Krieg“ der alten Republik, zerrissen und den einen Imperativ gegen den anderen gekehrt. Er hat den zivilen Konsens der Bonner Republik, der aus dem Protest der 50er Jahre gegen die deutsche Wiederaufrüstung hervorgegangen war, aufgekündigt und die neue Berliner Republik moralisch für künftige Kriege aufgerüstet. Seither erscheinen Friedenspolitik und Friedensforschung – Konsequenzen aus zwei verheerenden Weltkriegen – Geschichten aus der Ferne eines vergangenen Jahrhunderts, müssen Pazifisten die Erfahrung machen, als gesinnungs- wie verantwortungslose Gesellen angesehen zu werden.
Über die moralischen und rechtlichen Dimensionen dieser moralischen Umrüstung ist seit dem Kosovo-Krieg im letzten Jahr intensiv – auch von Philosophen – in ethischen und völkerrechtlichen Diskursen debattiert worden. Nicht zuletzt diese Debatte hat gezeigt: die deutsche Öffentlichkeit ist endlich im „freien Westen“ angekommen; dieser Krieg hat dem Krieg eine Zukunft eröffnet Der Gewaltverzicht gehört der Vergangenheit an; er wird als Sondermeinung gestriger „Gutmenschen“ geduldet.
In seinem Beitrag über die deutsche Sicherheitspolitik zwischen Macht, Recht und Moral geht Detlef Bald dem „schwierigen“ Integrationsprozeß der Bundeswehr in das „Neue Strategische Konzept“ der NATO nach, das die völkerrechtliche Ächtung militärischer Gewalt verabschiedet und der NATO selbst die Souveränität über den Entscheid möglicher Angriffskriege zuspricht. Er äußert dennoch die Hoffnung auf den Einfluß besonnener Kräfte.
In einem Interview, das der Widerspruch mit Ekkehart Krippendorff, einem der verbliebenen Pazifisten, geführt hat, weist Krippendorff auf die machtpolitischen Schwierigkeiten hin, gewaltverzichtenden Strategien Gehör zu verschaffen. Er vertritt jedoch das Prinzip, da mit vernünftigen und wissenschaftlich fundierten Gründen ein Krieg niemals gerechtfertigt werden kann.
Besprechungen von elf aktuellen Veröffentlichungen, die sich der Aufarbeitung des Kosovo-Krieges, der Debatte um die Legitimität militärischer Gewalt sowie den Perspektiven zukünftiger Kriege zuwenden, schließen den thematischen Hauptteil des Heftes ab.
In unserer Reihe „Münchner Philosophie“ erscheint diesmal ein Gespräch mit Thomas Buchheim, dem Nachfolger von Werner Beierwaltes auf dem Lehrstuhl III für Metaphysik und Ontologie. Er skizziert seine Position in der aktuellen hochschulpolitischen Diskussion und nennt Schwerpunkte seiner philosophischen Arbeit.
Christian Barth, Peter Halama, Thomas Krödel und Franz Schmalhofer untersuchen in ihrem Beitrag den in der analytischen Philosophie beliebten Gebrauch von Gedankenexperimenten auf seinen begrifflichen Gehalt und heuristischen Wert.
Ein umfangreicher Rezensionsteil enthält Besprechungen aktueller Neuerscheinungen. Das Heft schließt ein Essay von Elmar Treptow ab, der dem Leser das Rätsel stellt: „Was hat denn das mit Philosophie zu tun?“
Die Redaktion