Heft 3: Friedensbewegung & Friedenstheorie
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2. Jahrgang, 1982, 82 Seiten, broschiert
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Zum Thema
Die Erhaltung des Friedens ist unbestritten dasjenige Thema, das die Öffentlichkeit derzeit am meisten bewegt. Vor allem die Kirchen, die Parteien und Gewerkschaften diskutieren lebhaft und kontrovers die Probleme der Bedrohung durch einen atomaren Krieg und die verschiedenen Strategien der Sicherung des Friedens. Auch in den Sozial- und neuerdings den Naturwissenschaften wächst das Bewußtsein über die Gefährdung des Friedens durch die traditionelle Abschreckungsstrategie und über die Folgen eines atomar geführten Krieges.
Welche Haltung aber kann und soll die Philosophie angesichts der wachsenden Friedensbewegung in aller Welt einnehmen? Ist der Frieden überhaupt ein Thema, das in den Gegenstandsbereich der Philosophie fällt? – Nun läßt sich die Antwort auf diese Fragen nicht unabhängig von dem Verständnis von Philosophie vornehmen. Manche Philosophen etwa meinen, Philosophie habe es nur mit der Sprache oder den Wissenschaften zu tun; das Friedensproblem sei Aufgabe der Sozialwissenschaften und daher nicht der Philosophie. Unseres Erachtens ist dies eine dogmatische und unzulässige Einschränkung der Philosophie.
Philosophie hat ihre gesellschaftliche Legitimation nur dann, wenn sie sich die Probleme des wirklichen Lebens zum Gegenstand macht und ihren spezifischen Beitrag zur Lösung dieser Probleme leistet. Was anderes aber als die Erhaltung des Lebens der Menschheit und ihrer friedlichen Weiterentwicklung könnte angesichts des bestehenden Vernichtungspotentials von größerer Bedeutung sein. Die Fragen nach der realen Möglichkeit des Friedens, nach seinen allgemeinen Bedingungen und Voraussetzungen sind Themen, auf die die Philosophie zu antworten, und die sie im Zusammenhang mit der wirklichen Praxis zu behandeln hat.
Alexander von Pechmann behandelt im einleitenden Artikel die wichtigsten Friedenskonzeptionen, die der sog. „Friedensforschung“ zugrunde liegen. Die Abschreckungs-, die Kooperations- und die Theorie der strukturellen Gewalt werden dargestellt und auf deren immanente Problematik hin untersucht.
Beispielgebend für die Philosophie könnte der Beitrag von Helmut Gollwitzer “Staatsgewalt und Krieg“ sein, der auf theologischem Gebiet demonstriert, wie allgemein Prinzipien zur Begründung einer konkreten Friedenspraxis dienen können. Zwar bilden die „16 Thesen“ ein Begründungskonzept für das praktische Handeln des Christen; nichtsdestoweniger können sie in ihrer systematischen Durchführung einen Eindruck von der Aufgabe vermitteln, vor der die Philosophie angesichts des Friedens steht.
Mit einer “Anfrage“ will Bernard Léon darauf hinweisen, daß trotz der Bedeutung theologischer Begründungen das Problem der Staatsgewalt unterbestimmt bleibt, und daß diese Argumentation zu Unzulänglichkeiten führt.
Mit der Untersuchung einiger spieltheoretischer Modelle zeigt Karl-Peter Markl, daß ihre Übertragung auf die politischen Probleme der Friedenssicherung angesichts Overkill zu immanenten Schwierigkeiten und Widersprüchen führt.
Von Elmar Treptow stammt der Beitrag “Widerspruch und Versöhnung“, der dem dialektischen Verhältnis beider Hegriffe hei Hegel und Marx nachgeht. Hegels idealistisches Versöhnungskonzept sei an der Geschichte, die den unversöhnlichen Gegensatz in der Gesellschaft aufwies, gescheitert; Marx hingegen konnte diesen gesellschaftlichen Gegensatz materialistisch erklären, indem er ihn auf seine ökonomische Wurzel zurückführte, und damit auch die Bedingungen der Überwindung des Gegensatzes angeben.
Ein wichtiges und bei uns umstrittenes Thema greift Martin Schraven auf: “Frieden“ und “Krieg“ in der marxistischen Philosophie. Ausgehend von Marx, Engels und Lenin gibt er einen Einblick in die derzeitige Situation der Friedenstheorie In der DDR. Vielleicht kann dieser Beitrag einige unnötige Vorurteile und Mißverständnisse abbauen.
Interessant erscheint uns das Ergebnis einer Umfrage zum Friedensthema, die wir am philosophischen Fachbereich durchführt haben, und das wir in einer Zusammenfassung vorstellen wollen.
Rezensionen einiger wichtiger Bücher zur Friedensbewegung und ein Diskussionsbeitrag zum Thema des vergangenen Heftes beschließen den Band, von dem wir uns wünschen, daß er Euer kritisches Interesse findet.
Die Redaktion