Heft 10: Computer – Denken – Sinnlichkeit
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5. Jahrgang, 1985, 184 Seiten, broschiert
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Zum Thema
Der Computer erobert sich mehr und mehr Lebensbereiche: sein Einsatz in Produktion und Verwaltung ändert die Arbeits- und Qualifikationsstrukturen in Betrieb und Gesellschaft und erschließt neue, sog. “High-Tech“-Märkte; ohne die Unterstützung durch „Su-percomputer“ wären die neuen Forschungsergebnisse in Physik, Chemie, Biologie und Medizin undenkbar, und zunehmend öffnen sich auch die Geisteswissenschaften den neuen Technologien; sein Vormarsch in Kunst, Kultur und im Freizeitbereich scheint unaufhaltsam.
Kein Wunder also, daß über die gesellschaftlichen Folgen der “Computerisierung“ eine heftige und kontroverse Diskussion entstanden ist: wird die neue Technik die Spaltung der Arbeiterklasse – hie Arbeitsintensivierung, dort Massenarbeitslosigkeit – vertiefen, wie die Gewerkschaften befürchten; oder wird sie neue flexiblere und humanere Arbeitsbedingungen schaffen, wie die Unternehmer verkünden? Während einige Militärexperten der Meinung sind, die Automatisierung der Waffentechnik bringe uns der Friedenssicherung näher, sehen andere darin einen weiteren Schritt zur Erhöhung der Kriegsgefahr. Psychologen und Pädagogen befürchten durch die Arbeit am Terminal eine geistige und soziale Verarmung, während andere sich davon eine Freisetzung von Kreativität, Phantasie und Kommunikation versprechen. Und die Soziologen diskutieren, ob die künftige „Informationsgesellschaft“ die Wege zur individuellen Arbeits- und Freizeitgestaltung eröffnet, oder die Perfektionierung der Herrschaft durch Arbeitsüberwachung und staatliche Kontrolle vorantreibt. Oder – wird gar der Computer den Menschen als Macht- und Entscheidungsträ-ger ablösen, wie manche Philosophen behaupten?
Die Beantwortung dieser Fragen nach den Folgen des Computerentwicklung und -einsatzes setzt unseres Erachtens die Klärung der Ursache voraus: was ist eigentlich der Computer, und was kann er? Ist er seinem Wesen nach nur ein spezielles, informationsverarbeitendes, Arbeitsgerät oder ein universeller Automat der Wissensrepräsentation und Problemlösung? Ist er seiner Potenz nach der menschlichen Intelligenz gleichgestellt oder gar überlegen? Ohne die – bislang wenig beachteten – Fragen der Erkenntnistheorie und Ästhetik, der Anthropologie und Geschichtstheorie miteinzubeziehen, bewegen sich die Diskussionen über die Folgenabschätzung auf unsicherem Boden. Mit dieser Nummer machen wir den Versuch, einige dieser Aspekte der neuen Technikentwicklung hervorzuheben.
Eingangs unternimmt Elmar Treptow den Versuch der “Einordnung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken“ in den gesellschaftlichen und begrifflichen Zusammenhang.
In ihrem Beitrag “Die ’Künstliche Intelligenz’-Forschung und ihre Auswirkung auf das Menschenbild in der Wissenschaft“ untersucht Anna Winner die ideologischen Implikationen und anthropologischen Grundannahmen der gegenwärtigen KI-Forschung.
Alexander von Pechmann hat ein fiktives Gespräch bearbeitet, als dessen Teilnehmer John Locke, G.W. Leibniz und G. Vico über den “Geist in der Maschine“ und die erkenntnistheoretischen und metaphysischen Grundlagen der Computertechnik diskutieren.
Jochen Schneider weist in seinem Artikel „Innovationspotentiale des juristischen Informationssystems ’JURIS’“ auf die Defizite und Entwicklungsmöglichkeiten des Computereinsatzes in den Rechtswissenschaften hin.
In einem längeren Gespräch mit der Redaktion über Computergraphik legt Herbert Franke die qualitativ neuen Entwicklungsmöglichkeiten in der darstellenden Kunst durch den Computereinsatz dar.
Den ästhetischen und sozialen Auswirkungen der neuen Technik auf die Musikszene geht Helga Laugsch-Hampel in ihrem Aufsatz “Anmerkungen zu einer ’neuen’ Ästhetik der Rockmusik im Zuge der neuen Technologien“ nach.
Und schließlich unternimmt Horst v. Gizycki mit „Im Streit um die richtige Leere – Ausgewählte Skizzen zu einer ökologischen Ästhetik“ den Versuch, eine Alternative zur „Computerkultur“ zu skizzieren.
Den Beiträgen folgt eine Reihe von Rezensionen aktueller Veröffentlichungen, insbesondere zum Thema dieser Nummer.
Ein Bericht über die Gastvorlesung Peter Strawsons in München von Anton P. Koch, eine Dokumentation der Diskussion zwischen der West-Berliner Zeitschrift „Argument“ und dem Frankfurter “Institut für marxistische Studien und Forschungen“ über Grundfragen des Marxismus von Hans Mittermüller, Leserbriefe zur letzten Nummer „Frauendenken“ und zur Konzeption unserer Zeitschrift, ein Beitrag zum 100. Geburtstag von Georg Lukacs sowie eine Glosse zum Thema beschließen den Band.
Die Redaktion