Heft 23: Markt und Gerechtigkeit

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12. Jahrgang, 1992, 144 Seiten, broschiert

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Marktwirtschaft ist heute Weltmarkt-Wirtschaft. Die Fragen nach der Effizienz ökonomischer Systeme und nach der Verteilung der materiellen und sozialen Güter – die klassischen Themen der politischen Ökonomie – erlauben heute keine Antworten mehr im nationalen Wirtschaftsrahmen. Wenn VW die Motoren in Shanghai und die Karosserien in Brasilien produziert, in Wolfsburg fertigt und die Ersatzteile aus Kanada liefert, dann widerspricht die Tatsache dieser weltweiten Produktion dem eingeengten Blick auf nationale Ökonomien.

Ein Viertel der Weltbevölkerung produziert und verteilt vier Fünftel der Weltgüterproduktion; der Rest der Welt, drei Viertel, muß mit dem, was bleibt, auskommen. Was er nicht tut: jährlich sterben mehr als 10 Millionen Kinder an Unterernährung und Krankheiten, über eine Milliarde Menschen lebt in äußerster Armut. Eine neue Rasse ist im Entstehen: Zwergenmenschen, die auf Müllhalden leben und nach Eßbarem suchen. Hat der Reichtum der Reichen mit der Armut der Armen zu tun? Besteht ein Zusammenhang zwischen der ökonomischen Effizienz der Weltwirtschaft und dem sozialen Verteilungsdesaster?

Heute leugnen auch die Befürworter der Marktwirtschaft nicht mehr den Zusammenhang. Selbst die Weltbank räumt ein: „„ungünstige Faktoren““ haben „„einige Länder auf einen ununterbrochenen Abwärtspfad geführt““. Aber bei den Fragen nach der Art des Zusammenhangs und den Ursachen der Entwicklung, nach den Zielen und Strategien ihrer Überwindung scheiden sich die Geister. Die Apologeten des Markts sehen darin ein Versagen der III. Welt und fordern eine bessere Anpassung an den Weltmarkt; die Kritiker sehen gerade in der Einbindung in den Weltmarkt die Ursache ihrer Verarmung.

Das Heft will einen Beitrag zur Theoriearbeit leisten. Es geht dem inneren Argumentationszusammenhang der Erklärungsmuster, der Art der Verbindung ökonomischer Effizienzkritierien und sozial-ethischer Verteilungspostulate nach und befragt sie auf ihre Lösungsstrategien. Einführend sollen dazu drei Theorietypen skizziert werden, die heute ganz unterschiedlich das Verhältnis von „“Markt und Gerechtigkeit““ thematisieren und damit auch verschiedene Positionen in der Beurteilung des Weltmarkts beziehen. Der „“liberale Diskurs““, der die angelsächsischen Argumentationen prägt und auch die Strategie der internationalen Kapitalverbände beherrscht; der „„normative Theorietypus““, der die kontinentaleuropäische Diskussion weitgehend bestimmt; und das „„historisch-materialistische Erklärungsmodell““, das sich gegenwärtig auf der „Suche nach Heimat““ befindet.

I.
Liberale Theorien reduzieren Gerechtigkeit auf „„Marktgerechtigkeit““. Der Markt selbst sei gerecht, weil er a) eine Äquivalenzrelation zwischen aufgebrachter Leistung und erzieltem Nutzen herstellt, und weil er b) jedem die Freiheit gewährt, nach selbstgewählten Kriterien sein Glück zu verfolgen. Unter Rekurs auf das Prinzip der klassischen Ökonomie, auf Smith’s Arbeitswertlehre, gilt das auf dem freien Markt erzielte Einkommen deshalb als ethisch gerechtfertigt, weil ihm eine gesellschaftlich erbrachte Leistung entspricht, in ökonomischen Termini: weil der Tauschwert einer Ware gleich der Menge der in ihr enthaltenen Arbeit ist. Daher stehe das, was der Markt dem Einzelnen als das je Seinige zuteilt, in Übereinstimmung mit dem, was der Einzelne dem Markt als Leistung zuführt.

Die direkte Schlußfolgerung aus diesem ethisch verstandenen Äquivalenzprinzip ist die Forderung nach „“Öffnung der Märkte““. Die Zuteilung von Gütern und Privilegien, die nicht über den Markt vermittelt sind, sondern aufgrund traditionaler, familiärer, religiöser oder politischer Verteilungskriterien geschehen, gelten im Rahmen der liberalen Theorie nicht nur als ökonomisch ineffektiv, sondern auch als moralisch ungerechtfertigt. Die derzeitige Politik der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds, die Kreditvergabe an Länder der III. Welt mit der Forderung nach Abbau marktfremder Privilegien zu verbinden, folgt dem klassisch-liberalen Äquivalenzprinzip. Die Anpassung an den Weltmarkt gilt als moralisch selbst dann geboten, wenn die Wirtschaft dieser Länder einbricht.

Diese Überfrachtung der Marktgesetze mit Ethik zwingt der liberalen Theorie ein Dilemma auf. Sie argumentiert egalitär und nicht egalitär. Einerseits gilt der Markt als Zuteilungsinstanz unter der Bedingung als ethisch gerechtfertigt, daß alle in gleicher Weise Zugang zum Markt haben. Andererseits gilt die ungleiche Güterverteilung dann als ethisch gerechtfertigt, wenn sie das Resultat des Marktgeschehens ist. Die Ungleichheit der Güterverteilung verhindert jedoch die Gleichheit der Ausgangsbedingungen. Die Resultate des Markts widersprechen ständig seinen Voraussetzungen.

Aus diesem Dilemma der liberalen Theorie folgen zwei Methoden, das interne Strukturproblem aufzulösen. Den einen Ausweg bietet das „„sozial-liberale Modell““, das in seinem ethisch-politischen Kern von J.St. Mill formuliert und von J.M. Keynes zum System einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik entwickelt wurde. Die Kluft zwischen der Ungleichheit der Marktresultate und der Gleichheit der Marktchancen solle dadurch überbrückt werden, daß „“der Staat““ als aktives Umverteilungsinstrument den freien Zugang aller zum Markt herstellt. Durch ein Set von finanz-, wirtschafts-, sozial- und bildungspolitischer Maßnahmen erhält der Staat ein Instrumentarium, um die Chancengleichheit wiederherstellen, die der Markt selbst untergräbt. Dieses Konzept beherrschte die internationale Wirtschafts- und Entwicklungspolitik der 60er und 70er Jahre. Mittels „“großzügiger Kreditvergaben““ an die Staaten der III. Welt sollten diese in ihren Ländern die Bedingungen für eine marktgerechte Wirtschaft schaffen.

In dieser Skizze interessieren uns nicht die Finanzierungsprobleme dieses Modells, die den Grundstock für die derzeitige Verschuldung der III. Welt bilden, sondern die Inkonsistenz der Theorie selbst. Denn dem „„Staat““ wird eine Lösungsfähigkeit zugemutet, die er den eigenen Prämissen nach nicht hat. Wenn Machtpositionen allein dadurch legitimiert sind, daß sie marktkonform gebildet wurden, – wodurch bezieht „“der Staat““ als autonome Instanz seine ethische Legitimität? Die „“Marktgerechtigkeit““ erfordert eine nicht-marktgerechte Instanz?!

Die Antwort auf diese Inkonsistenz stellt das „“neo-liberale Modell““ dar. Es verzichtet auf die Herstellung der Chancengleichheit und legitimiert die marktkonforme Ungleichheit der Güterverteilung durch den Beitrag, den die wirtschaftlich Starken im freien Wettbewerb für den Gesamtnutzen erbringen. Dieses Konzept wurde von v. Hayek, v. Mises und Eucken in den 20er und 30er Jahren als Reaktion auf den „„Staatsinterventionismus““ entwickelt und vor allem in der „“Chicagoer Schule““ um Friedman in den 60er Jahren zum Konzept einer „“angebotsorientierten Wirtschaftspolitik““ ausgebaut. Der Staat erhält hier wieder seine alte „“Nachtwächter““-Funktion. Er hat die Aufgaben, die Unternehmerfreiheit als zentralen ethischen Wert zu sichern und die Erfolgreichen, bis hin zur „„liberalen Diktatur““ (v.Hayek), vor ungerechtfertigten Forderungen zu schützen.

Präsentiert das Modell sozialstaatlicher Umverteilung das freundliche Gesicht des Januskopfs „“Marktgerechtigkeit““, zeigt das neo-liberale Modell dessen grimmige Fratze, wenn es gilt, „“den Markt““ gegen marktfremde Ansprüche zu verteidigen.

II.
Die normativen Theorien sind vom Dilemma der Ethisierung des Marktes entlastet. Sie gehen von einer prinzipiellen Diskrepanz zwischen den Gesetzen des Marktes und moralischen Gerechtigkeitspostulaten aus. Der Markt gilt als der Handlungsbereich, in dem sich die egoistischen Einzelinteressen nach dem Gesetz der Gewinnmaximierung realisieren. Demgegenüber ist es die Aufgabe der ethisch-praktischen Institutionen (Staat, Kirchen, Öffentlichkeit o.a.), allgemeingültige und -verbindliche Normen wachzuhalten und zur Geltung zu bringen. Da der Markt zwar effektiv, aber an sich a-moralisch sei, müsse das Marktgeschehen „“von außen““ in einen Kontext moralisch-sittlicher Normen eingebunden werden.

Die Argumentationsprobleme dieses normativen Theorietyps liegen auf der Hand: hat der liberale Theorietyp den Vorzug, den Ort von Gerechtigkeit unmittelbar auf dem Marktplatz zu finden, sieht dieser sich vor die Probleme gestellt, a) den Ort zu bestimmen, der moralische Normen universell und verbindlich begründet, und b) aufzuzeigen, wie solcher Art in sich begründete Normen den nicht-moralischen Marktgesetzen implantiert werden können.

Derzeit gibt es mehrere Versuche, „“Markt und Gerechtigkeit““ zu verbinden. Einige Vertreter orientieren sich an der (katholischen) Kirche als Hort ethischer Gerechtigkeitspostulate. Unter Rekurs teils auf neo-thomistische Ontologien, teils auf Phänomenologien einer materialen Wertethik sollen unverlierbare ethische Güter (Menschenwürde, Menschenrechte) festgemacht werden, die jedem individuellen Handeln vorausliegen bzw. als letzte sachliche Fixpunkte gelten müssen. Andere postulieren, in der Tradition Kants und im Rückgriff auf sprachphiloso-phische Argumente, Strukturen einer sprachlich verfaßten Öffentlichkeit, die Rationalitätsnormen realisiert, die nicht zweckrationalen Ursprungs sind, sondern in einer kommunikativen Vernunft verankert sind. Wieder andere beziehen sich auf Strukturen einer unmittelbaren Lebenswelt, die in sich verallgemeinerbare Gesinnungen, Werte und Normen enthält, die eine marktwirtschaftlich verfaßte Rationalität nicht außer Kraft setzen kann und berücksichtigen muß. Diese gegenwärtige Vielfalt der Unter-nehmungen, verbindliche Normen „“jenseits des Markts““ aufzufinden, deutet auf die strukturelle Schwäche dieser Position hin: es läßt sich heute kein Ort finden, der verbindlich und überzeugend moralische Normen begründet.

Traditionell galt im Rahmen der normativen Theorien der Rechtsstaat, sei es der obrigkeitsstaatlich verfaßte, sei es demokratisch-parlamentarische, als diejenige Institution, die durch ihr Gewaltmonopol und ihr Sozialgesetzgebungsverfahren Markt und Gerechtigkeit, Ökonomie und Ethik, verbinden sollte. Heute tritt neben dem Staat vermehrt der Einzelne als „“selbstverantwortliches Subjekt““ in den Blick. Während einige den Intellektuellen bzw. einer intellektuellen Öffentlichkeit die Rolle des Platzhalters einer marktkritischen, emanzipatorischen Norma-tivität zuweisen, andere in den alternativen, systemkritischen Lebensfor-men Strukturen eines gerechteren Lebens finden, werden heute mehr und mehr die Wirtschaftsbosse selbst als Ansprechpartner entdeckt.

Bei dieser Suche nach dem Subjekt der Theorie zeigt sich, daß mit der Nähe zur Wirtschaft die marktkritische Position abnimmt und umgekehrt. Fundamentale Marktkritiker sehen eine Ausschließlichkeit zwischen den ethisch-sittlichen Normen und den Marktgesetzen und verweigern sich dem Leistungsprinzip und Anpassungszwang. „“Wirtschaftsethiker““ hingegen suchen die „“Schnittmenge““ auf, die sowohl moralisch Gebotenes als auch profitträchtig Nützliches beinhaltet. Während die eine Position dabei vor der Situation steht, daß ihre grundsätzliche Marktkritik folgenlos und im bloß Appellativen bleibt, befindet sich die Wirtschaftsethik in der Gefahr, marginale Neuerungen, etwa die „“Grüne Punkt““-Aktion oder Entschuldungsabsichten der „“Deutschen Bank““, als erfolgreiche Beispiele der Ethisierung der Wirtschaft zu preisen.

In jedem Fall hinken die Konzepte und angebotenen Lösungsstrategien den Herausforderungen des weltweiten Verteilungsdesasters hinterher. Weder der Nationalstaat noch die Kirchen, weder eine aufgeklärte Öffentlichkeit noch die alternativen Protestbewegungen, und mit Sicherheit auch kein für „„business ethics““ aufgeschlossenes Management werden die globale Kluft zwischen „“Markt und Gerechtigkeit““ schließen.

III.
Die historisch-materialistische Theorie hat keinen mit dem Anspruch auf Gültigkeit und Universalität auftretenden Gerechtigkeitsbegriff. „“Gerechtigkeit““ wird hier als eine Vorstellung verstanden, die aus den Konflikten, Gegensätzen und Möglichkeiten bestimmter Gesellschaftsformationen hervorgeht. Sie wird als geschichtliches Phänomen begriffen.

Als Ideologiekritik will sie erklären, daß und wie Menschen sich in den praktisch-ethischen Forderungen ihrer bestimmten historischen und sozialen Situation bewußt werden. Während die liberalen Marktethiken das bürgerliche, markt- und leistungsorientierte Selbstverständnis zum Ausdruck bringen, artikulieren die normativen Theorien die inneren Gegensätze, die aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgehen.

Als politische Ökonomie zeigt sie unter Rekurs auf Marx, daß der Konflikt von „“Markt und Gerechtigkeit““ im Kern nicht der zwischen Ethik und Ökonomie ist, sondern aus der Struktur der kapitalistischen Ökonomie selbst hervorgeht. Zwischen der hohen Effizienz und Produktivität der Wirtschaft in den reichen Ländern und der Unterversorgung und Unproduktivität der armen Länder bestehe ein struktureller, durch den kapitalistischen, auf Profitproduktion basierenden Weltmarkt selbst hergestellter Zusammenhang.

Der historische Materialismus gibt nicht nur ideologiekritische und politisch-ökonomische Aufklärungsmuster, sondern versteht sich auch als eine handlungsleitende Theorie. Geschichte gilt als eine aufsteigende Reihe von Gesellschaftsformationen, an deren Ende die kommunistische Gesellschaft stehe. So wird die Anerkennung der rechtlichen Freiheit und Gleichheit, die der kapitalistische Weltmarkt hervorbringt, als ein Fortschritt aus feudalen Abhängigkeiten verstanden. Von der Durchsetzung des Verteilungsprinzips: „„Jedem nach seiner Leistung““ gehe eine zivilisatorische Wirkung aus, die vormoderne Strukturen auflöst.

Zugleich weist er jedoch auf den inneren Klassengegensatz der bürgerlichen Gesellschaft hin, dem eine revolutionäre Qualität zugesprochen wird. Während die Klasse der Kapitalbesitzer über die Produktionsmittel des gesellschaftlichen Reichtums verfügt, ist die Klasse der Arbeiter davon ausgeschlossen. Diese Ungleichheit des Eigentums reproduziere und vertiefe den weltweiten Gegensatz zwischen Reichtum und Armut in dem Maße, in dem der Markt zum Weltmarkt wird. Dieser Gegensatz könne nur dann aufgelöst werden, wenn über den gesellschaftlich produzierten Reichtum auch gesellschaftlich verfügt werde. In dieser, auf Gemeineigentum gegründeten, kommunistischen Gesellschaft gelte dann das Prinzip: „“Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“.“

Diese auf Marx rekurrierende Geschichtstheorie ist heute umstritten. Während einige Vertreter an dem kommunistischen Verteilungsprinzip als einem praktischen Ideal festhalten und es in den sinnlich elementaren Bedürfnissen, Wünschen und Hoffnungen der Menschen selbst verankert sehen, unterziehen andere dies traditionelle Theorieelement einer Revision und suchen nach einer zeitgemäßen historisch-materialistischen Konzeption, die einerseits den materiellen, technisch-industriellen Mög-lichkeiten entspricht, und andererseits den kulturell vielfältigen Gerechtigkeits- und Verteilungsnormen sowie den natürlichen Lebensbedingungen der Menschheit gerecht wird.

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Elmar Treptow untersucht in seinem Aufsatz kritisch die gängigen Theoriemuster, die Gerechtigkeit mit dem freien Tauschvertrag identifizieren, damit aber die bestehenden sozialen Ungleichheiten nicht erklären können. Die Pointe sei, daß durch den Vertrag selbst die sozialen Ungleichheiten vermittelt und reproduziert werden.

Hans-Jürgen Kühn verweist auf die Problematik, die durch die neuzeitliche Trennung von Ökonomie und Ethik entstanden ist. Er stellt Rawls’’ Theorie der Gerechtigkeit als einen anspruchsvollen Versuch dar, individuelles Nutzenkalkül und moralische Normen in einer Ethik der Institu-tionen zu verbinden.

Der Artikel von Wolfgang Melchior geht dem handlungstheoretischen Problem der Vermittlung von ethischen Normen und individuellem Nutzenkalkül nach. Können normative Ethiken nur darauf „“hoffen““, Gehör zu finden, setzen utilitaristische Ethiken am Nutzen als primärer Handlungsnorm an. Der Artikel zeigt, daß so selbst minimale Normen einer Verteilungsgerechtigkeit nicht konsistent plausibel gemacht werden können.

Dieter Boris informiert über neue wirtschaftspolitische Reformkonzepte in Lateinamerika, die dem Dilemma zwischen Weltmarktanpassung und wirtschaftlicher Unterentwicklung entrinnen wollen.

Roger Behrens behandelt die Stärke und Schwäche „“kritischer Theorie““. Je vorurteilsloser sie sich darin zeigt, die irrationalen Implikate von Gerechtigkeitsvorstellungen aufzuzeigen, desto schwerer wird es ihr, den eigenen Praxisanspruch zu explizieren.

Robert Kurz formuliert und kritisiert die ethischen Grundlagen der linken Gesellschaftskritik, die nach dem Scheitern des Sozialismus ihre Bezugspunkte verloren hat, und plädiert für „die „Aufhebung der Gerechtigkeit““.

Gerhard Nagl’s Beitrag weist auf die Folgen der globalen Durchsetzung des Tauschprinzips hin und fordert demgegenüber eine Erweiterung des Gerechtigkeitsbegriffs im Sinne einer „„ökologisch-humanen Ethik““.

Das Sonderthema ist dem 100. Geburtstag Walter Benjamins gewidmet. Burkhart Schmidt stellt Benjamins Methode der Gegenstandstreue und seines Blicks aufs Detail in den Diskussionszusammenhang der Gegenwartsphilosophie.

Ein ausführlicher Rezensionsteil von Büchern zum Thema und anderen Neuerscheinungen ergänzen und erweitern die Thematik des Hefts.

Die Redaktion